Im Gespräch mit dem Architekten und Holzbau-Pionier Hermann Kaufmann erfahren Sie, wie wir mit Holzhäusern einen zweiten Wald in unsere Dörfer und Städte pflanzen.
Bauen mit Holz liegt voll im Trend. Überall auf der Welt werden Holzhäuser gebaut, nicht nur Einfamilienhäuser, inzwischen auch Hochhäuser. Woher kommt Ihre Begeisterung für Holz?
Ich wurde in eine Holzbaudynastie hineingeboren und bin im Bregenzerwald aufgewachsen. Holz hat unser Leben geprägt, jeden Tag. Wir waren acht Kinder und durften immer mithelfen. Mein Großvater und mein Vater hatten eine Zimmerei, das Architekturbüro meines Onkels war bei uns im Elternhaus. Daher stand für mich schon früh fest, dass ich auch Architekt werden wollte.
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Neben der Leitung Ihres Architekturbüros haben Sie Ihr Fachwissen fast zwanzig Jahre als Professor an der TU München an die jüngere Generation weitergegeben. Was war Ihre Motivation dahinter?
Bereits während meines Studiums stellte ich fest, dass der Holzbau in der Architekturlehre nicht adäquat unterrichtet wird, es wurde veraltetes Wissen vermittelt. Mit dem Lehrstuhl in München hatte ich die Möglichkeit, an der Holzbauentwicklung maßgeblich beteiligt zu sein und altes Wissen auf dem neuesten Stand weiterzugeben. Dabei habe ich schon früh praktische Dinge gelehrt – denn wer mit Holz baut, muss auch viel über diesen Baustoff wissen. Mir war auch immer wichtig, den Studentinnen und Studenten weiterzugeben, dass der Entwurf nicht beim Rendering aufhört, sondern bis zur letzten Schraube geht.
Nach dem illwerke vkw zentrum montafon, das 2013 gebaut wurde, errichten Sie derzeit den energie.campus montafon, das neue Ausbildungszentrum der illwerke vkw in Vandans. Wodurch zeichnen sich die beiden Bauten aus?
Erstmal durch ihre wunderbare Lage an der Südseite des Hangrückens und direkt am See. Mit der Architektur haben wir versucht, beides zu verbinden. Das izm war damals das größte Holzbürogebäude in Mitteleuropa nach dem Vorbild des Lifecycle Tower in Dornbirn – ein klares, schönes Hochhaus, das teilweise auf Betonstützen im See liegt. Beim energie campus montafon ist die Verwandtschaft der beiden Bauten gut erkennbar, obwohl es sich hier aus Gründen des Schallschutzes um ein Betongebäude handelt, bei dem nur die Fassade aus Holz ist.
Vorarlberg ist inzwischen zu einer international bekannten Holzbauregion geworden. Was macht ein Holzhaus aus, warum gilt es als besonders nachhaltig?
Holz ist nachwachsend. Wenn wir es verbauen, schaffen wir Platz für neue Bäume. Holzhäuser helfen uns auch in der CO2-Frage: Sie entnehmen CO2 aus der Atmosphäre und binden es in Form von Kohlenstoff. Außerdem ersetzt Holz Baustoffe wie Zement oder Ziegel, die energieintensiv erzeugt werden müssen. Und am Ende seines Lebens kann ein Holzhaus wiederverwertet oder in Energie umgewandelt werden.
Bauen mit Holz ist momentan noch die Ausnahme. Wie sieht die Zukunft aus, wird sich der Holzbau durchsetzen?
Die Zukunft hat schon begonnen. Es gibt eine riesige Nachfrage, auch von großen Investoren. Die derzeitige Holzknappheit ist ein vorübergehendes Hindernis, das Problem ist eher das Holzbau-Know-how, das erst mitwachsen muss. Wenn wir klimaneutral bauen wollen, werden wir an nachwachsenden Rohstoffen nicht vorbeikommen.