Michaela Wagner-Braito
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Michaela Wagner-Braito: „Es gibt noch viel zu tun“

15.06.2022

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„Menschen mit Behinderungen müssen nicht inkludiert oder integriert werden, sie sind selbstverständlich Teil der Gesellschaft, das haben leider viele noch nicht verstanden. Hier brauchen wir ein Umdenken – Corona hat uns dabei wieder weit zurückgeworfen“ – so der Statusbericht der Geschäftsführerin der Lebenshilfe Vorarlberg, Michaela Wagner-Braito. Nach langen Jahren in der Industrie steht die gebürtige Wienerin nun seit 11 Jahren im Dienst für Menschen mit Behinderungen. Wie hart die vergangenen Jahre im Zeichen der Pandemie für die Sozialinstitution und für sie persönlich waren, erzählt sie in dieser Episode von Moscht & Riebel.

Start im Osten Österreichs

Geboren in Wien, hat Michaela ihre Volksschuljahre an drei verschiedenen Orten verbracht. Diese fehlende Verwurzelung und immer wiederkehrende Trennung von Freundinnen und Umfeld war immer eine Herausforderung – aber ansonsten schwärmt die heute 55-Jährige von ihrer tollen Kindheit, die sie ab einem Alter von 10 Jahren schließlich in Dornbirn verbrachte. Als Tochter eines Software-Unternehmers hat Michaela schon früh ins Unternehmertum geschnuppert. „Ich habe das schon zu Schulzeiten immer direkt mitbekommen und mitgearbeitet, erinnert sich die Geschäftsführerin und erklärt sich dadurch ihre spätere unternehmerische Denke. Dennoch hat sie ihr Weg nicht direkt in die Wirtschaft geführt, denn zuallererst war der Wunsch größer, als Journalistin Fuß zu fassen und die Geheimnisse unserer Gesellschaft zu ergründen. Daher hat sie auch Publizistik und Kommunikationswissenschaft/Germanistik studiert.


 

Der nächste Schritt

„Durch Reda kut ma zämm“, sagt man so schön in Vorarlberg und genau so könnte auch ein Lebensmotto von Michaela lauten. Ebendiese Kommunikationsfreude hat sie dann schließlich zur Firma Hilti geführt, wo sie es in wenigen Jahren von der „einfachen Mitarbeiterin“ bis zur Leiterin der Unternehmenskommunikation brachte. Heute kann sie von dieser Zeit nur schwärmen. „Man möchte irgendwann aber dennoch den nächsten Schritt machen“, sagt sie und begründet damit ihren späteren Wechsel zurück nach Vorarlberg. Als neue Geschäftsführerin der Industriellenvereinigung (IV) setzte sie im Nachhinein betrachtet einen kleinen Trend: denn kurz nach ihr drängten immer mehr Frauen in die einstige Männerdomäne IV – mit dem Ergebnis, dass kurze Zeit sogar mehr Frauen als Geschäftsführerinnen der Landesgruppen agierten als Männer.

Um Akzeptanz als Frau in einer von Männern geprägten Umgebung musste Michaela laut eigenen Angaben (fast) nie kämpfen. „Es gab ganz zu Beginn einmal eine Situation, da hat ein älterer Funktionär bei einem Empfang die anwesenden Männer und Frauen permanent mit „meine Herren“ angeredet. Das hat mich dann doch so geärgert, dass ich ein Zeichen setzen wollte und den Raum verlassen habe. Seither ist mir das aber nicht mehr passiert“, erzählt Michaela und merkt an, dass sich die Zeiten seither doch ganz schön geändert haben.

Großes Hallo am Flughafen

Eine riesengroße Veränderung war schließlich vor 11 Jahren der Wechsel in den Sozialbereich, an die Spitze der Lebenshilfe Vorarlberg. „Ich kann mich erinnern, dass ich auf dem Weg zu meiner Abschiedstour von der IV im Flugzeug nach Wien auf eine Gruppe eines Lebenshilfe-Tanzprojekts traf“, schildert Michaela. „Sie haben mich gefragt, ob ich die neue Geschäftsführerin der Lebenshilfe sei. Als ich bejahte, hat das halbe Flugzeug applaudiert und bei der Ankunft haben wir noch Fotos zusammen gemacht. Diese Herzlichkeit hat mich schier überwältigt.“

Ein Berg von Aufgaben

„Es braucht zwei Jahre, bis man einen einigermaßen guten Überblick über Struktur und Projekte der Lebenshilfe hat, so dass man dann in der Lage ist, vielleicht auch selbst strategisch zu planen“, berichtet Michaela von ihren ersten Jahren. Einen dicken, fetten Strich durch ihre Rechnung machte auch ihr die Corona-Pandemie, die den wohl wichtigsten Faktor der sozialen Arbeit bei der Lebenshilfe – Kommunikation, Nähe und Begegnung – massiv einschränkte. Verglichen mit anderen Menschen haben Menschen mit Behinderungen ungleich stärker darunter zu leiden. Das bekamen Michaela und ihre knapp 1.000 Mitarbeiter:innen schließlich deutlich zu spüren. „Die zwei Jahre haben kräftig gezehrt“, sagt sie rückblickend. Warum sie dennoch optimistisch in die Zukunft blickt, welche spannenden Projekte die Lebenshilfe gerade forciert, warum Inklusion selbstverständlich sein muss und viele andere Aspekte beleuchtet Michaela Wagner-Braito in einem spannenden Gespräch – in dieser Episode von Moscht & Riebel. Viel Vergnügen!