Johanna Rhomberg ist Juniorchefin des Traditionshotels Madrisa in Gargellen. Zudem führt sie die familieneigene Landwirtschaft mit Kühen und Schafen. Sie ist ausgebildete Hotel- und Gastgewerbeassistentin und absolviert derzeit ein Fernstudium für Innenarchitektur.
Das Hotel Madrisa wird bereits in vierter Generation von Ihrer Familie geführt. Können Sie uns einen kurzen Einblick in die Geschichte Ihres Hauses geben?
Das Hotel, das ursprünglich eine Säumerschenke war, wurde 1889 in ein 50-Betten-Hotel umgebaut und 1904 um einen Jugendstilbau erweitert. 1931 kaufte es mein Uropa, der damals Geschäftsführer war. Seitdem ist es in Familienbesitz. Danach hat jede Generation nicht nur das Hotel, sondern auch den Ort geprägt: Der erste Schilift wurde errichtet, ein Lebensmittel- und ein Sportgeschäft eröffnet und das Haus erweitert. Mit meinem Papa, der das Hotel um 2000 gemeinsam mit meiner Mama übernahm, zog die Nachhaltigkeit ein. Er reaktivierte die stillgelegte Landwirtschaft, stellte die Heizung auf Erneuerbare Energie um und renovierte das Mitarbeiterhaus.
Sie sind dort Juniorchefin und gleichzeitig Landwirtin. Warum haben Sie sich für beides entschieden? Wie schaut Ihr Arbeitsalltag aus?
2017 ist mein Papa leider bei einem Lawinenunglück ums Leben gekommen. Für mich war es eine Herzenssache, nicht nur im Hotel mitzuhelfen, sondern auch die Landwirtschaft zu übernehmen. Mein Tag beginnt sehr früh und endet spät. Am Vormittag bin ich meistens mit den Tieren beschäftigt, dann im Hotel an der Rezeption, am späten Nachmittag nochmals im Stall und anschließend wieder im Hotel. Im Sommer sind die Kühe auf der Alpe, das bedeutet für mich zweimal in der Woche einen Fußmarsch von eineinhalb Stunden – aber das hält fit!
Kurz gefragt
Wo findet man Sie, wenn Sie nicht im Hotel oder im Stall sind?
In der Natur, beim Wandern und Tourenschifahren. Oder bei Freunden – im Hotelleben ist es ohnehin nicht ganz einfach, den Sozialkontakt zu halten.
Wie schaut für Sie selbst der perfekte Urlaub aus?
Mit der Familie, egal wo. Wir sind gerne am Meer oder am See und lassen uns von anderen Hotels inspirieren.
Welchen anderen Beruf könnten Sie sich vorstellen?
Innenarchitektin. Vielleicht mache ich nach dem Studium beides: im Winter im Hotel arbeiten und im Sommer als
Ihr Hotel wird umweltbewusst geführt, Nachhaltigkeit zieht sich durch alle Bereiche Ihres Hauses. Mit welchen Maßnahmen wird das umgesetzt?
Bei uns wird so viel wie möglich entweder vor Ort produziert oder aus dem Umfeld bezogen: Rind- und Lammfleisch aus unserer Landwirtschaft mit artgerecht gehaltenen Tieren – Fisch, Eier oder Milch aus dem Tal und Käse vom Berg. Die Energie kommt von der illwerke vkw, das Wasser von der örtlichen Genossenschaft und unsere Ölheizung wurde auf Pellets umgestellt. Der Jugendstiltrakt unseres Hotels ist denkmalgeschützt, einige Zimmer sind noch im Stil der Jahrhundertwende. Sie werden behutsam Stück für Stück renoviert.
Der geplante Podcast mit Johanna Rhomberg musste aus terminlichen Gründen abgesagt werden.
Was hat sich durch die Pandemie verändert?
Nach einem überdurchschnittlich guten Sommer 2020 war der vergangene Winter finanziell eine Katastrophe. Als Familie hatten wir aber zum ersten Mal richtig viel Zeit füreinander, konnten Schifahren oder Weihnachten gemeinsam feiern. Natürlich haben wir diese Zeit auch für Dinge genutzt, die sonst immer zu kurz kamen – zum Beispiel für arbeitsintensive Renovierungen oder die Überarbeitung der Webseite. Die Auslastung in diesem Sommer entsprach einem normalen Sommer. Wir haben zum Glück viele Stammgäste, die schon seit Generationen zu uns kommen. Aber auch jüngere Leute zieht es vermehrt in die Berge, zum Wandern oder zum Biken.
Nachhaltigkeit und Digitalisierung gehören zu den Zukunftstrends im Tourismus, wie passen sie zusammen?
Meiner Meinung nach sogar sehr gut. Die Gäste wollen kleinere Betriebe, die mit Herzblut geführt werden. Die Digitalisierung unterstützt uns bei Routinearbeiten, vieles geht schneller zum Beispiel durch Self-Check-In. Kreative Ideen können über Social Media umgesetzt werden – frischer Wind kommt ins Haus. Sicher ist aber, dass wir unseren Werten treu bleiben werden.